Drahtloses Laden von Mobiltelefonen
Smartphone, Tablet und Smartwatch sind heute zu unseren ständigen Begleitern geworden. Hielt früher ein Handy mehrere Tage, kann es heute bereits bei intensiver Nutzung am Nachmittag leer sein. Neben der Netzwerkverbindung benötigen das hochauflösende Display sowie GPS einiges an Strom.
Smartphones müssen früher oder später ans Ladegerät, um wieder Energie zu tanken. Dabei sind sie nicht alleine, denn viele andere elektronische Geräte benötigen es ebenfalls. Während es daheim oder im Büro noch versteckt hinter dem Schreibtisch steckt, merkt man auf Reisen schnell, was alles an Ballast zusammenkommt. Abgesehen davon ist bei der Verbindung per 5G, WLAN oder Bluetooth das Ladekabel oft das einzige, was noch am sonst so formschönen Notebook oder Smartphone wie ein Fremdkörper hängt.
Die Lösung ist eigentlich einfach. Was bei der schnurlosen Zahnbürste funktioniert, sollte doch auch beim Smartphone möglich sein – das induktive Laden. Bereits 1891 experimentierte Nikola Tesla mit der drahtlosen Energieübertragung. Neben der besagten Zahnbürste hat sich die Technik aber lange Zeit nicht durchgesetzt. Das erste in Serie in Handys eingesetzte System war 2009 die Touchstone genannte Technik im Palm Pre. Nachteil dieser und anderer Lösungen aus dem Zubehörmarkt war, dass sie nur mit sehr wenigen Geräten desselben Herstellers kompatibel waren. Mit Ausnahme der integrierten Palm Lösung bestand der Zubehörmarkt auch aus optisch nicht gerade ansprechenden dicken Spezialakkus mit neuer Abdeckplatte. Durch die fehlende Massenfertigung konnten die Lösungen auch nicht günstig angeboten werden und setzten sich mit Preisen von bis zu 100 Euro beim Verbraucher nicht durch. Die Lösung konnte somit nur in einem Standard liegen, der herstellerübergreifend und in Masse gefertigt die genannten Nachteile vermeidet und durch Integration in die Geräte klein und günstig produziert werden kann.
Das Wireless Power
Consortium (WPC) wurde am 17. Dezember 2008 gegründet. Zu den über 100 Mitgliedern des WPC
gehören führende Unternehmen aus den Bereichen Mobilfunk, Unterhaltungselektronik, Akkus,
Halbleiter, Drahtlos-Technologien, Mobilnetzbetreiber und Hersteller von Möbeln und
Fahrzeugzubehör. Das WPC hat eine Spezifikation namens Qi verabschiedet und
entwickelt verschiedene drahtlose Ladetechniken. Der Standard ist nach dem chinesischen Wort Qi
beziehungsweise Chi (Energie, Lebenskraft) benannt. Geräte verschiedener
Hersteller, die das Qi-Logo tragen, können nun mit entsprechenden Qi-Ladegeräten
aufgeladen werden. Da sich der Standard mittlerweile in vielen Geräten wiederfindet, entstand
auch ein Angebot an öffentlichen Orten (Flughäfen, Hotels, Cafés, Restaurants, usw.) und
das Ladegerät kann immer öfter zu Hause bleiben.
Qi verwendet eine resonante induktive Kopplung zwischen Sender und Empfänger. Beide tauschen mit 2 Kilobit pro Sekunde Daten aus, um eine optimale Energieübertragung zu gewährleisten. Der Sender moduliert dabei das Sendefeld. Der Empfänger verwendet eine RFID-ähnliche Technik, um Daten an den Sender zu übermitteln. Die übertragene Leistung beträgt 5 Watt (Low Power) bzw. 120 Watt (Medium Power) bei einer Übertragungsfrequenz von 110 bis 205 kHz (Langwelle). Durch eine Multi-Layer Foreign Object Detection (FOD) wird sichergestellt, dass metallische Gegenstände auf das Ladepad gelegt werden können, ohne dass diese aufgrund des magnetischen Feldes heiß werden. Die ersten bekannten Qi kompatiblen Handys waren Nokia Lumia 920 und Google Nexus 4. Im Jahr 2019 wurde mit dem Meizu Zero das erste Smartphone vorgestellt, das keine Tasten und Anschlüsse mehr hatte und zum Laden auf Qi setzte. Die Apple iPhone 15 Serie bot 2023 die ersten Smartphones mit Qi2. Mit einem Softwareupdate wurden nachträglich alle iPhones ab der Serie 12 mit Qi2 kompatibel gemacht, da diese bereits Qi mit MagSafe enthielten. Das erste Android Smartphone mit Qi2 war 2024 das HMD Skyline.
Qi Versionen
Der Standard wurde im Laufe der Zeit wie folgt weiterentwickelt:
- Version 1.0
- Qi Sender liefert 5 Watt in das Qi Telefon.
- Wahl des Senderdesigns beinhaltet Einzelspulensender, Spulenfeldsender und Schwingspulensender
- Hohe Flexibilität beim Design von Qi Empfängern
- Beschränkte Flexibilität beim Design von Qi Sendern
- Erhöhte Freiheit beim Senderdesign durch Auswahl aus 12 verschiedenen Senderspezifikationen
- Empfindlichkeit bei Erkennung von Fremdobjekten (FOD) erhöht, um Erwärmung von Metallobjekten in der Nähe aktiver Sendern zu vermeiden
- Qi Sender kann mit einem USB Ladegerät betrieben werden
- Schnellladung eingeführt, bei der Sender bis zu 15 Watt liefern und Empfänger bis zu 15 Watt verarbeiten können.
- Verbesserter Erwärmungstest für Sender
- Verbesserte Timinganforderungen
- Veränderte Limits für die Fremdobjekterkennung zur Erhöhung der Empfindlichkeit
- Aufladen von Qi 1.1 Empfängern in bis zu 30 mm Entfernung
- Aufladen von Qi 1.2 Empfängern in bis zu 45 mm Entfernung
- Aufladen alternativ mittels Resonanzverfahren
- Aufladen mehrerer Empfänger mit einem Sender
- Optionaler einzigartiger Identifikator für Stromempfänger (WP-ID)
- Hardwarebasierte Authentifizierung zwischen Sende- und Empfangseinrichtung für Leistungsübertragung über 5 W verpflichtend
- FOD verbessert
- Neueinordnung der Anwendungen nach Leistungsstärke
- <1 W - RF
- 15 W - Low Power
- 60-300 W - Medium Power
- 2 kW - High Power
- MPP richtet Sender und Empfänger magnetisch aus (Basis hierfür war Apples MagSafe Technik)
- Weniger Hitzeentwicklung durch optimierte Ausrichtung
- Flexibleres Platzieren von Geräten auf dem Ladegerät durch Resonanzladung möglich
- Unterstützung für das gleichzeitige Aufladen mehrerer Geräte
Ein Beispiel für ein mobiles Ladepad mit Qi 1.2.2 Standard und bis zu 15 W Ladeleistung im Extended Power Profile ist das Belkin BOOST↑UP P-F7U014.
Beispiele für in Möbel einbaubare Ladestationen mit Qi 1.2.2 Standard und bis zu 15 W Ladeleistung sind Qinside Qi1015 und ZENS PuK 3.
Seit dem iPhone 8, iPhone 8 Plus und iPhone X unterstützt auch Apple den drahtlosen Ladestandard Qi in der Version 1.1 mit bis zu 7,5 Watt.
Neben Qi gab es von der AirFuel Alliance noch einen alternativen Standard. Die AirFuel Alliance ging aus einem Zusammenschluss der von Duracell gegründeten Power Matters Alliance (PMA) mit ihrem Standard PowerMat und der Alliance for Wireless Power (A4WP) Mitte 2015 hervor. Die ersten beiden Smartphones mit eingebautem PowerMat waren das Samsung Galaxy S6 und Samsung Galaxy S6 Edge, die aber beide zusätzlich Qi unterstützen. PowerMat kann im Gegensatz zu Qi mehrere Geräte gleichzeitig laden und dies mit höherer Leistung. Qi ist in Smartphones dennoch häufiger anzutreffen als PowerMat und selbst Ikea verkauft inzwischen Möbel mit Qi-Ladestationen. Dies hat auch die AirFuel Alliance Anfang 2018 realisiert und sich dem WPC angeschlossen.