Smart Home mit KNX
Smart Home
In den letzten Jahren sieht man immer mehr Produkte, die unter dem
Begriff Smart Home vermarktet werden. Oft sind dies nur relativ kleine Anwendungsfälle, wie das
Schalten einer Lampe per Smartphone oder Sprachsteuerung. Dennoch haben viele das Bedürfnis,
ihr Zuhause smarter zu gestalten. Doch die Heimautomatisierung ist nichts wirklich Neues.
Bereits 1990 wurde mit dem Europäischen Installationsbus (EIB) eine
Bustechnologie für die elektrische Installations- und Gebäudetechnik definiert.
Gründungsmitglieder waren Berker, Jung, Gira, Merten und Siemens. 1996 wurde damit begonnen,
einen internationalen Standard auf EIB Basis zu schaffen, dessen
Spezifikation 2002 von der KNX Association veröffentlicht wurde und der als KNX bekannt ist. Dem offenen Standard haben sich mittlerweile über 400
Firmen weltweit angeschlossen. KNX wurde 2006 als weltweiter Standard
anerkannt.
KNX Varianten
KNX gibt es ähnlich anderen Netzwerken in verschiedenen
Varianten.
- Kabel - über ein zweiadriges Kabel werden 9600 Bit/s übertragen.
- Powerline - wird seit 2016 nicht mehr angeboten.
- KNX-RF - Funkübertragung auf 868 MHz
- KNXnet - Übertragung über Ethernetkabel.
Weitere Standards
Es gibt folgende weitere herstellerübergreifende
Standards, die auf Funkübertragung setzen, um einfache Nachrüstbarkeit zu bieten:
- matter
Mehr als 150 Unternehmen, darunter Apple, Amazon, Google, Philips, Samsung, Ikea und Zigbee haben sich in der Connectivity Standards Alliance (CSA) zusammengeschlossen und den offenen lizenzfreien Standard für ein vernetztes Zuhause verabschiedet. Dieser wurde im Herbst 2022 fertig und ist kompatibel zu Siri, Alexa und Google Assistant. Das neue Kommunikationsprotokoll ist kompatibel mit bekannten Netzwerktechnologien wie Ethernet, WLAN und Thread sowie Bluetooth Low Energy. - ZigBee
Dieser Standard wurde von einem Verbund verschiedener Unternehmen entwickelt und ist auf kurze Reichweiten von 10-100 Metern spezialisiert. Philips Hue, Osram Lightify und über 2000 weitere Produkte nutzen diesen Standard. Die Zigbee Alliance hat sich 2021 in Connectivity Standards Alliance (CSA) umbenannt und arbeitet am Nachfolgestandard matter. - enocean
Dieser Standard unterscheidet sich von anderen Technologien, durch die Nutzung von Energy Harvesting, wodurch Sensoren und Schalter keinen Strom benötigen. Für das Senden von Signalen wird nur geringe Energie benötigt, die durch Solarzellen oder Energiewandler, die aus Bewegungsenergie elektrischen Strom erzeugen, gewonnen wird. Daher ist diese Technologie besonders wartungsarm. - Z-Wave
Diese Technologie wurde 2001 von dänischen Ingenieuren entwickelt und ist mit mehr als 1.400 zertifizierten Produkten die weltweit größte Systemplattform auf Funk basierender Produkte. - HomeMatic
Dieser Standard der eQ-3 AG umfasst über 200 Produkte und existiert seit 2007. Er wird u. a. von Qivicon, der Smart-Home-Lösung der Telekom, genutzt. - Tuya Smart
Das chinesische Unternehmen Tuya Inc. stellt WLAN-, Bluetooth- und Zigbee-Module her, die in Smart-Home-Komponenten von rund 7.500 Herstellern aus 200 Ländern eingesetzt werden. In Deutschland bieten Pearl unter den Markennamen Elesion und Luminea, Lidl unter dem Markennamen Silvercrest und Hama Tuya Geräte an. Tuya bietet mit einer globalen Cloud eine App-Entwicklungsplattform und stellt Services und Schnittstellen bereit. Die mit Netzwerkmodulen von Tuya ausgestatteten Geräte können entweder mit der Tuya-Smart-Life-App oder mit OEM-Apps der jeweiligen Hersteller gesteuert werden. Durch die Einbindung von Google Assistant oder Amazon Alexa bieten Tuya-Komponenten auch Sprachsteuerung. Negativ zu bewerten ist die erforderliche Cloudanbindung und die auf chinesischem Recht beruhenden Datenschutzbedingungen.
Unser Haus
Als wir unser Haus gebaut haben, war KNX noch deutlich teurer, sodass wir lediglich eine Vorrüstung berücksichtigen konnten. Hierbei wurden zu sämtlichen Schaltern EIB Kabel verlegt und diese in den Sicherungskasten geführt. Leider vergaß unser Elektriker, die Stromleitungen zu Lampen und Steckdosen separat zu verlegen, was heute Standard ist, bei uns in der Folge aber zu höheren Aufwänden führte. Später haben wir dann die Haustechnik auf KNX umgestellt. Aufgrund der fehlenden Separierung von Steckdosen und Lampen pro Raum blieb größtenteils nur die dezentrale Nutzung von Unterputz Aktoren direkt in den jeweiligen Räumen. Deutlich sinnvoller ist der zentrale Einbau aller Aktoren im Sicherungskasten, da so kein Problem mit fehlendem Platz in den Unterputzdosen der Schalter entsteht und auch Defekte schneller behoben werden können.
Technikbasis
Zunächst entschieden wir uns für ein Schalterprogramm und den dazugehörigen Steuerungscomputer. Unsere Wahl fiel auf das MeTa Tasterprogramm des bayerischen Herstellers Enertex sowie den dazugehörigen EibPC². Die Taster sind aus Aluminium gefräst und in drei Ausstattungsvarianten erhältlich. Sie haben jeweils zwei (Starter & Standard) oder vier Wippen (Premium), die per Software beschriftet werden und den aktuellen Zustand anzeigen. Der EibPC² steuert dies alles, stellt eine Schnittstelle ins LAN her und bietet einen Webserver, über den die Bedienoberfläche per Browser genutzt werden kann. Der EibPC² und der KNX Bus werden von einem PowerSupply 960² mit Strom versorgt. Während die Taster Sensoren sind, also ein Signal senden, wenn etwas passieren soll, werden Aktoren genutzt, um etwas zu schalten. Hier haben wir größtenteils auf Komponenten von MDT gesetzt, die relativ preiswert sind.
Rauchwarnmelder
Als Rauchwarnmelder setzen wir Gira Dual Q ein. Diese sehen nicht nur gut aus, sondern erkennen Rauch und Temperaturänderungen. Auch hierbei stellte sich die Frage, wie wir die vorhandenen Melder nachträglich ins Smart Home einbinden. In die Melder kann ein Zusatzmodul eingesetzt werden. Hierbei kann man entweder ein KNX, Funk oder Relais Modul nutzen. Zusätzlich können die Melder über eine 2-Draht-Schnittstelle miteinander verbunden werden. Unsere Rauchwarnmelder im Erdgeschoss hängen alle an einer Betondecke ohne KNX oder Stromleitung. Im Obergeschoss hängen sie an einer Gipskartondecke, über der sich der nicht ausgebaute Dachboden befindet. Somit haben wir einen Rauchwarnmelder im Obergeschoss mit einem KNX-Modul ausgestattet und diesen über die 2-Draht-Schnittstelle zusätzlich mit einem weiteren Rauchwarnmelder verbunden. Dieser und alle anderen Rauchwarnmelder im Haus haben ein Funk-Modul. Wenn nun Alarm ausgelöst wird, erhalten alle Rauchwarnmelder mit Funk-Modul diesen weitergeleitet und der mit KNX-Modul erhält ihn über die 2-Draht-Schnittstelle und gibt ihn an den Bus weiter. Optimal wäre sicherlich, alle Rauchwarnmelder mit KNX-Modul auszustatten, da so eindeutig identifizierbar wäre, welcher Alarm gibt. So wie umgesetzt, kann nur zwischen dem direkt per KNX angebundenen und einem externen Alarmsignal unterschieden werden. Bei einem Alarm können nun sinnvolle Aktionen ausgelöst werden, wie Licht im ganzen Haus an, alle Rollläden auf, Klimaanlage auf Abluft mit voller Leistung einschalten, usw.
Klimaanlage
Bei der Multisplit-Klimaanlage sind die Innenmodule mit jeweils einem Intesis ME-AC-KNX-1-V2 EIB Schnittstellenmodul ausgestattet und können so bequem gesteuert werden.
Programmierung
Für die Programmierung der KNX Komponenten wird stets die Software ETS genutzt, die ausschließlich unter Windows läuft. Unter macOS ist diese z. B. mit der Virtualisierungsumgebung Parallels Desktop lauffähig, mit der auch der Enertex Updater läuft. Für den Enertex EibPC² selbst gibt es mit dem EibStudio auch eine Software für macOS.
Fernzugriff
Als Router nutzen wir eine Fritz!Box. Mit dem Windows Programm FRITZ!Box-Fernzugang einrichten kann man eine VPN-Verbindung einrichten, um das Smart Home auch per Notebook und Smartphone
sicher aus der Ferne steuern zu können. Dies ist mit dem genannten Programm relativ einfach
möglich. Zusätzlich wollten wir aber auch unserem KNX Systemintegrator bei Bedarf Zugriff auf den EibPC² gewähren.
Hierzu haben wir einen weiteren VPN-Zugang für ihn eingerichtet und die
Konfigurationsdatei für die Fritz!Box so angepasst, dass ausschließlich der Zugriff auf
die IP Adresse des EibPC² erlaubt ist. Hierzu muss eine Zeile in der erzeugten
Konfigurationsdatei für die Fritz!Box wie folgt vor dem Einspielen in die Box angepasst werden.
accesslist = "permit ip 192.168.1.0 255.255.255.0 192.168.1.201 255.255.255.255";
accesslist = "permit ip 192.168.1.99 255.255.255.255 192.168.1.201 255.255.255.255";
Im obigen Beispiel ist die .99 die IP-Adresse des EibPC² und die .201 die IP-Adresse des VPN Zugangs in der Fritz!Box. Beides ist entsprechend der eigenen
Konfiguration anzupassen. Der Fernzugang kann nach der Einrichtung situativ in der Fritz!Box unter
Internet ▸ Freigaben ▸ VPN (de-)aktiviert werden. Damit die Programmierung mit der ETS
über VPN funktioniert, muss in der ETS noch die Option NAT aktiviert
werden.